Christian Kracht: “Eurotrash”

Untot im Rausch durch die Schweiz

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Folgt man dem postmodernen Zeitgeist a la Lyotard befinden wir uns in einer Zeit nach dem Ende großer Erzählungen, d.h. in der nur noch sich selbst transparente, oder untote Erzählungen hin und her geistern, kleine Erzählungen voller verwobener und irrelevant gewordener Details existieren können. Mischt man noch Klischees, Erfahrungsarmut in die These, würzt sie mit der Schweiz, dem Nationalsozialismus, Demenz und Familienproblematik, sexuellen Missbrauch und Sadomasochismus, und garniert dieses Gebräu mit Anekdoten aus dem Spiegel-Magazin der letzten sieben Jahrzehnte, so erhält man, schüttelt und rüttelt man nur genug, den neuen Roman von Christian Kracht: „Eurotrash“, der sich wie ein Who-is-Who der bundesrepublikanischen Plattitüde eines inexistenten Literatursalons gehobener Söhne und Töchter mit Abschluss in Germanistik liest und auch von einer künstlichen Intelligenz geschrieben werden hätte können. Siehe hierzu das bald erscheinende Buch Daniel Kehlmanns „Mein Algorithmus und ich“.

Je mehr man sich also der Sprache Krachts überlässt, desto mehr erkennt man ein hintergründiges Summen der sich verselbständigt habenden Textverarbeitungssoftware – Etwas schreibt, nur eben kein Gegenüber mehr, das sich zeigt. Der Diskurs selbst schreibt sich in den Geist, und der Geist schreibt sich zurück in den Diskurs, und am Ende bleibt nichts mehr der Überraschung oder dem Zufall überlassen. Die altersschwache Mutter trinkt hierzu den ganzen Roman über Wodka oder Kochwein und wirft Phenobarbital-Pillen ein. Die ganze Erzählung spannt sich darum, wie viel Alkohol, welchen Alkohol, wie viele Pillen, welche Pillen genommen werden dürfen, können und müssen. Begleitend gibt der Erzähler, der sich Christian Kracht nennt, aber mit Daniel Kehlmann verwechselt wird, belanglose, halb humoristische, teilweise scheußliche Kurzgeschichten zum Besten, bspw. wie eine Mutter mit Kind auf dem Meer verdurstet, oder einem Piloten die künstliche Nase wegschmilzt, oder ein SS-Mitglied sich von einem isländischen Au-Pair-Mädchen mit Stacheldraht an einen Küchenstuhl fesseln lässt, während dieser eine Tibet-Nazi-Mission plant.

Fazit: Selbst mit größter Mühe wüsste ich nicht, warum man diesen Roman schreiben gar lesen sollte.

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