Ein Buch voller Fragezeichen, zwischen Theorie und Beichte schwebend, unentschlossen.
Bei Didier Eribons Buch “Eine Arbeiterin“, um es gleich vorabzusagen, handelt es sich um eine lose, undurchkomponierte Form eines politischen Essays, der sich darum bemüht, das Problem des Alterns ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen: Die Isolation und Ignorierung der Pflegebedürftigen, Schwachen und vom Leben Gezeichneten in Pflege- und Altersheimen wirft ein schlechtes Licht auf eine Gesellschaft, die von sich selbst behauptet, Gerechtigkeit zu verwirklichen und die Würde eines jeden einzelnen zu verteidigen. Eribon legt einen Finger in diese tatsächlich vorhandene Wunde:
„Didier Eribon: „Eine Arbeiterin““ weiterlesenWährend sie allein in ihrem Bett im Pflegeheim lag, protestierte meine Mutter, brachte sie ihre Empörung zum Ausdruck. Doch ihr Schrei war nur an einen einzigen Menschen gerichtet: an mich (oder an vier Menschen, wenn ich meine Brüder mitzähle, die sie vermutlich ebenfalls regelmäßig anrief). Es geschah meist am frühen oder späten Abend, und ihre Wut hatte als Zielscheibe nur den Anrufbeantworter meines Telefons, den ich erst Stunden später abhörte.