Dirk Rossmann: “Der neunte Arm des Oktopus”

Frechheit und Selbstbeweihräucherung.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Das Buch liest sich schnell. Es ist in Episodenformat geschrieben. Viele halbe Seiten geben einem das wonnige Gefühl, man lese in beinahe Lichtgeschwindigkeit. Einfach Sätze, einfache Ideen. Plumpe ideologische Steilvorlage, dass die Eliten dieser Welt am besten wissen, was zu tun ist, und die sadistische Idee, dass die G3 (USA, China und Russland) anderen Kontinenten/Nationen vorschreiben (Afrika/Indien), wie viele Nachkommen sie zeugen dürfen, ohne sich selbst einzuschließen. Wer ein Sachbuch als Roman verpackt lesen, wie Schröder und Putin die Welt retten, darf herzlich zugreifen. Alle Macht- und Gewalt- und Sexphantasien werden bedient. Schön ist es nicht.

Susanna Clarke: “Piranesi”

Ein moderner Kafka zwischen allen Stühlen.

Die Strahlen der untergehenden Sonne schienen durch die Fenster, fielen auf die Oberfläche der Fluten und flossen wie Wellen aus goldenem Licht über die Decke der Treppe und die Gesichter der Statuen. Als die Nacht anbrach, lauschte ich den Liedern, die Der Mond und Die Sterne sangen, und ich sang mit. — Die Welt fühlte sich vollständig und intakt an, und ich, ihr Kind, füge mich nahtlos in sie ein. Nirgendwo gibt es irgendeinen Einschnitt, an dem ich eine Erinnerung nicht greifen kann, ein Verständnis sich mir entzieht. Der einzige Teil meines Daseins, in dem ich einen Bruch empfinde, ist dieses letzte Gespräch mit dem Anderen.“

“Piranesi” – Susanna Clarke

„Piranesi“ ist seltsam, und im seltsamen Dickicht sein eigenes Rätsel. Wie die Rätsel der Ägypter auch Rätsel für die Ägypter selbst waren, so verstrickt sich das Lesen in die eigene Hilflosigkeit. Die öden Gänge, das fahle Licht, die dahinplätschernden Tage des Ich-Erzählers, der sein Ich nicht kennt, kennen kann, oder dem er zu entfliehen sucht, erzeugen einen unheimlichen naturalistischen Sprachbezug, der selbst noch in der Übersetzung das Gruseln lehrt: nämlich das der Sprachlosigkeit, wenn Sprache zerfällt, bruchstückhaft dahinschwindet, die Inkohärenz der Gedanken unaufhaltsam voranschreitet und Namen zu Begriffen, Begriffe Namen werden, die nur in den Augen eines Anderen an Konturen gewinnen, von Augenblick zu Augenblick aber zu schwinden drohen.

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