Peter Handke: „Die Ballade des letzten Gastes“

Die Ballade des letzten Gastes

Verschworen-verschwurbelt über den Schmerz. Der letzte Gast, der Tod, verdrängt und doch erkannt.

Peter Handkes „Die Ballade des letzten Gastes“ heißt nicht nur Ballade, sie ist auch eine und kein Roman. Es gibt zwar eine Handlung, einen Plot, der wie immer bei Handke minimalistisch ausfällt, aber die Darstellung, die Erzählweise lässt von Anfang an keinen Zweifel daran aufkommen, dass es nicht um den Plot, sondern um das, was hinter ihm lauert und steht, geht:

„Und wie ich als der letzte Gast an einem wackligen Tisch saß, und den dann noch stärker zum Wackeln brachte, und dazu die verschiedenen Fingerabdrücke auf dem Glas vor mir – je verschiedener, desto besser. Und als das Schulkind, trödelnd auf dem Heimweg, im Gehen den Schulbeutel von der einen auf die beiden Schultern wechselte.“

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Martin Mosebach: „Krass“

Krass
Krass von Martin Mosebach.

Die Sehnsucht nach dem Besonderen und Singulärem – zerschmettert in der eigenen Unfähigkeit. Den Anti-Bildungsroman zum ornamentalen Abschluss gebracht.

Martin Mosebach, Georg-Büchner-Preisträger von 2007, zeichnet in seinem 2021 erschienen Roman „Krass“ eine Welt des Zerfalls. In apodiktischer Ironie beginnt der Roman im Winter 1988, geht über das Jahr 1989 über jeden Mauerfall und Wiedervereinigungskontext hinweg und landet unversehens wieder im Jahr 2008, ohne einschneidende, die Welt bewegende politische Momente auch nur am Rande zu thematisieren. Das Thema des Buches lässt dies auch nicht zu: Ralph Krass, ein Geschäftsmann, steht über diesen Dingen.

«Die Kraft eines Genies besteht darin, die Realität seinem Willen zu unterwerfen und nach seinem Willen zu formen.» Das sei [so Ralph Krass] bereits an den Ereignissen der Weltgeschichte ablesbar – sie seien nichts anderes als Verlängerungslinien einer Persönlichkeit. Ein Krieg, ein Frieden, eine Eroberung seien vor allem in die Außenwelt projizierte, zu Tatsachen geronnene Charaktereigenschaften, leicht erkennbar bei Alexander, Cäsar, Attila, Napoleon, Hitler, Stalin. «Was diese Männer taten, das waren sie. Männer wie diese schreiten durch die Welt als Rätsel und Fatum und Ausstrahlung einer anonymen Kraft – manchmal haben sie vor sich selber Angst.»

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