Friederike Mayröcker: “da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete”

Friederike Mayröcker: "da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete"

Zeitloses dem Tode abgerungen. Von erster bis zur letzten Zeile Sprachfreude.

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Friederike Mayröcker legt mit „da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“ ein erstaunliches Zeugnis ab. In einer Art poetisches Tagebuch lässt sie ihr Leben Revue passieren, springt von der Gegenwart in die früheste Vergangenheit und zurück, reflektiert ihre Freude am Dichten, lässt ihre Kindheit, ihre Jugend, das Erwachsenleben zu Wort kommen und streut zärtliche Sehnsüchte und Wünsche ein.

„er habe heute Geburtstag er sei ein Schäfchen
und habe Geburtstag, deine Hand liebkost
meinen Fusz, nämlich wünsche ich mir dasz du
in deine Hand nimmst, weil die
Zehen meines Fuszes schmerzen, ich meine
du nimmst meinen Fusz in deine Hand und
läszt ihn da ruhen“

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Zeruya Shalev: “Schicksal”

Zeruya Shalev: "Schicksal"

Triste, langatmige und oberflächliche Selbstanklagen zweier fremdbestimmter Frauen. Schade …

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Zeruya Shalevs Roman handelt im Wesentlichen von zwei Frauen mit jeweils zwei Familien, einer gegenwärtigen und einer mit einem Ex-Ehemann. Die Geschichte beginnt im britisch besetzten Israel und hört in der Gegenwart auf. Die eine Frau ist über 70, die andere über 50 Jahre alt. Ihre Namen lauten Atara und Rachel.

„Es gibt ja keinen Zusammenhang zwischen dieser Frau und dem, was ihr von ihrem eigenen Leben noch bleibt, und trotzdem steht sie weiter dort in der sengenden Sonne und gibt noch nicht auf. Vielleicht hat sie noch eine letzte Chance, vielleicht muss sie ihm [ihrem Ehemann] folgen, so lange klingeln, bis die Tür geöffnet wird.“

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Leïla Slimani: “Das Land der Anderen”

Leïla Slimani: "Das Land der Anderen"

Karge, unbeteiligte Wiedergabe einer Familie in der Einöde eines von Gewalt zerrissenen Landes

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Leïla Slimani beschreibt mit journalistischer Kälte und unpoetischer Beliebigkeit, die Lebensschicksale vieler Menschen zugleich; Mathilde, die einen marokkanischen Oberst heiratet; Amine, dieser marokkanische Oberst selbst, der Olivenbäume auf unfruchtbarem Boden züchten möchte; Selma, die Schwester Amines, die den Traum von einem freien, sorglosen Lebens als Partygirl frönt und sich aus Angst vor ihrem Bruder mit einen alten, homosexuellen Soldaten verheiraten lässt; eine dement werdende Mutter aus Meknès, einen Gynäkologen, Dragan, aus Ungarn und seine üppige, walkürenhafte Frau Corinne, die sich Kinder wünscht, aber keine bekommt. Die Liste könnte noch lange fortgesetzt werden. Die Fülle jedoch ersetzt nicht das Detail. Die Ereignisse jagen aneinander in kaum zu überbietender Beliebigkeit. Vor allem fehlt Empathie, der Wunsch, tiefer zu blicken, mehr zu verstehen, von Ängsten, Hoffnungen und Wünschen zu erzählen.

„In der Nacht hatte sie [Aicha, Mathildes Tochter] einen Traum gehabt, so lang wie die Schale der Äpfel, die Mathilde mit zusammengepressten Lippen pellte, um eine möglichst lange Girlande aus der Haut der Frucht zu machen.“

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Constantin Schreiber: “Die Kandidatin”

Achtung. Erfundene Fakten erzeugen keine Geschichte. Unbedingt Finger von lassen.

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Wer Trickbetrügern auf den Leim geht, hat das Nachsehen. Wie manche Scalper auf Ebay leere Verpackungen von beliebten Elektrogeräten wie der Playstation 5 verkaufen und ihren Reibach machen, so zieht hier Constantin Schreiber einen grinsend über den Tisch. Und ja, er hat recht. Ich habe das Buch gekauft und gelesen, fassungslos, bis zum Ende, in der irrigen Hoffnung, den letzten Rest an Anstand zu entziffern, zwischen den Zeilen erlesen zu können. Aber nein. Das Buch ist, was es ist. Reinste Abzocke. In Babysprache eines untalentierten Rappers aus dem Wohlstandmilieu der sich mit sich selbst langweilenden und funktionslos gewordenen Bildungsbürger wird ideenloser Sprachsalat zum Besten gegeben:

„Auf einem sehr verwackelten Handyvideo rennt eine Frau in blutgetränkter Bluse mit ihrem Baby im Arm über eine Straßenkreuzung, offenbar beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen. Ein Soldat steht hinter einer Hauswand ein paar Meter weiter. Er springt hervor, holt mit dem Maschinengewehr aus und rammt es der Frau ins Gesicht. Sie fällt auf die nasse Straße, das Baby wird durch die Luft geschleudert und landet hart auf dem Bordstein. Es bleibt regungslos liegen.“

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