Constantin Schreiber: “Die Kandidatin”

Achtung. Erfundene Fakten erzeugen keine Geschichte. Unbedingt Finger von lassen.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Wer Trickbetrügern auf den Leim geht, hat das Nachsehen. Wie manche Scalper auf Ebay leere Verpackungen von beliebten Elektrogeräten wie der Playstation 5 verkaufen und ihren Reibach machen, so zieht hier Constantin Schreiber einen grinsend über den Tisch. Und ja, er hat recht. Ich habe das Buch gekauft und gelesen, fassungslos, bis zum Ende, in der irrigen Hoffnung, den letzten Rest an Anstand zu entziffern, zwischen den Zeilen erlesen zu können. Aber nein. Das Buch ist, was es ist. Reinste Abzocke. In Babysprache eines untalentierten Rappers aus dem Wohlstandmilieu der sich mit sich selbst langweilenden und funktionslos gewordenen Bildungsbürger wird ideenloser Sprachsalat zum Besten gegeben:

„Auf einem sehr verwackelten Handyvideo rennt eine Frau in blutgetränkter Bluse mit ihrem Baby im Arm über eine Straßenkreuzung, offenbar beim Versuch, sich in Sicherheit zu bringen. Ein Soldat steht hinter einer Hauswand ein paar Meter weiter. Er springt hervor, holt mit dem Maschinengewehr aus und rammt es der Frau ins Gesicht. Sie fällt auf die nasse Straße, das Baby wird durch die Luft geschleudert und landet hart auf dem Bordstein. Es bleibt regungslos liegen.“

Kaum ein Satz hat mehr als fünf Wörter. Kaum eine interessante Verwendung der Grammatik. Schlagzeile nach Schlagzeile wird einem ins Gesicht gepeitscht, lieblos, sorglos, ohne jedwede Story. Die Story lautet: So viel Unsinn und Phrasen wie nur möglich in einen fünfwortigen Satz zu bringen. Dafür hat man gezahlt. Das bekommt man geboten. Schamlos wird noch die letzte Phrase, das Klischee bemüht, um den letzten Zweifel zu tilgen, dass das Buch ein schlechter Scherz ist, das den Autor den nächsten Trip nach Kuala Lumpur finanziert.

„Teure Kleider, goldene Armreife, auffälliger Lippenstift und ein einflussreicher Posten. Begehrenswert und unabhängig sein. All das sollte helfen, ihre Bilanz auszugleichen, sodass auch die kleine Sabah endlich einmal – zum ersten Mal – lächeln durfte.“

Dieses absonderliche Machwerk, das ein Text, aber kein Roman, das Schrift, aber keine Erzählung ist, beweist, dass nicht alles ein Buch ist, das wie eines aussieht. Hätte ich nicht Geld dafür ausgegeben, wäre ich nur voller Mitleid für die Einfalt und offenkundige Phantasielosigkeit. So bin ich beschämt und fühle mich unangenehm benutzt. Aber vielleicht liegt darin auch eine Art Kunstgriff, den/die Zahlende/n wie ein Bittsteller fühlen zu lassen. Statt einer Erzählung bekommt man ein höhnisches Gelächter zu hören, denn die Kasse hat schon unwiderruflich geklungen. Mitgegangen, mitgehangen. Um den Namen Constantin Schreiber werde ich einen riesengroßen Bogen machen. Mit Literatur hat dies nichts zu tun. Ein ideales Anschauungsmaterial für den hervorragenden Aufsatz von Roland Barthes: „Am Nullpunkt der Literatur“.

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