Julia Schoch: „Das Liebespaar des Jahrhundert“

Das Liebespaar des Jahrhunderts

Einübung in Bescheidenheit, sowohl literarisch wie psychologisch.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2023/…

Romane in direkter Anrede erfreuen sich in letzter Zeit zunehmender Beliebtheit. Das Geschriebene steht direkt für das Gesprochene ein und verwandelt den Roman, vormals Reflexionsmedium, in  einen Gesprächsersatz. Als neueste Beispiele dienen Virginie Despentes‘ „Liebes Arschloch oder Juli Zehs und Simon Urbachs „Zwischen Welten. Die Du-Form, die Julia Schoch in ihrem neuesten Roman „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ gewählt hat, adressiert nun das je einzeln lesende Publikum direkt. Es wohnt nicht nur einem Gespräch zweier Streitender und Sich-Liebender bei, es darf sich einbezogen und angesprochen fühlen. Die Du-Form erhöht auf diese Weise den Authentizitätsgrad des autofiktionalen Theaters, die Autorin spricht vertraulich von Du zu Du:

„Ich bedaure, dass es nicht mehr Bilder von uns aus jener Zeit gibt. Fotos von uns als Liebespaar. Als ich es das erste Mal bedauerte, als es mir zum ersten Mal bewusst wurde, war es ein klarer, kalter Wintermorgen, viele Jahre später. Du hattest mir mit verschlossener Miene mitgeteilt, du würdest für ein paar Tage verreisen. Dann hast du die schwarze Ledertasche genommen und die Wohnung verlassen. (Wie man sieht, hattest auch du Lust gehabt zu gehen. Ich vermute es, ganz sicher war es so. Aber dies hier ist meine Erinnerung.)“

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