Marie NDiaye: “Die Rache ist mein”

Marie NDiaye: "Die Rache ist mein"

Poetische Stille sanfter Verzweiflung – eindrucksvoll und nachwirkend.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Marie NDiaye hat 2009 als erste schwarze Autorin den Prix Goncourt für „Drei starke Frauen“ zugesprochen bekommen. Sie legt nun, 2021, mit „Die Rache ist mein“ einen neuen Roman vor. Es handelt sich um die Ereignisse rundum ein Kindsmord in Bordeaux. Eine Anwältin, Maitre Susane, wird von einem Mann, Gilles Principaux, beauftragt, seine Ehefrau Marlyne zu verteidigen, die des Mordes an ihren drei Kindern, Jason, John, und Julia, angeklagt ist. Der Mann schwört auf die Unschuld seiner Frau. Die Anwältin meint den Mann aus einer Kindheitsepisode zu kennen. Sie war zehn und er fünfzehn. Doch die Erinnerungen bleiben zunächst im Dunkeln.

„Ein paar Sekunden lang blieb sie [Maitre Susane] reglos vor der hohen, olivgrünen Toreinfahrt der Nummer 27 stehen, ihre gestiefelten Füße breit in das rutschige Pflaster gestemmt, fest gegürtet in ihrem weiten, grauen Wollmantel – grau wie auch ihre kurzen, dichten Haare, die früher sehr lang, schimmernd, ihr ganzer Stolz gewesen waren.“

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Hervé Le Tellier: “Die Anomalie”

Hervé Le Tellier: "Die Anomalie"

Copy&Paste-Welt unterhaltsam, spannend, und einfallsreich. Eine Art Supra-Roman.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Was gibt es zu sagen, was noch nicht gesagt wurde, und was könnte geschrieben, was noch nicht geschrieben worden ist, und vielleicht spielt das alles keine so große Rolle. Hervé Le Tellier zeigt mit „Die Anomalie“, dass große Frage keine großen, vielleicht sogar gar keine Antworten bedürfen.

„Irgendjemand hat also irgendwo in der Galaxis eine Münze geworfen, und diese ist wahrhaftig in der Luft hängen geblieben.“

Der Roman ist eine Art Pastiche der Großliteratur-Verzweiflung. Wie es vom Präsidenten der Werkstatt für Potentielle Literatur zu erwarten ist (Oulipo: L‘Ouvroir de Littérature Potentielle), verführt er weniger mit Stil als mit Einfallsreichtum. Die nüchterne Sprache des Episodenromans ahmt Raymond Queneau und Georges Perec nach, aber ohne die Weitschweifigkeit (in „Das Leben Gebrauchsanweisung“) von diesem, noch der Melancholie („Zazie in der Metro“) von jenem nachzuahmen. Le Tellier hat seinen eigenen Zugang:

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