Alena Schröder: “Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid”

Ein Buch, das zu kurz ist, für das, was es will.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Wie der Titel so auch das Buch. Es will zu viel. Es will Zeitgeschichte schreiben, Frauenemanzipation rekonstruieren, und die psychologischen Untiefen der aufgegebenen und eingegangenen Mutterschaft erforschen. Sehr gut lesbar, mit manchen schönen Szenen, ja, fast poetischen Bildern, die gelungen in Szene setzen, was Freiheit ist oder sein könnte, ein Leben im Berlin der Goldenen Zwanziger Jahre. Als politischer Roman leider völlig unbrauchbar, und als Rechtfertigungsstrategie, eine nationalsozialistische Familienangehörige nicht zu verteufeln, sondern in ihrem komplexen Umfeld zu verstehen, beinahe ärgerlich. Der Roman entfaltet dort seine Stärke, wo Verwirrung und gefühlsmäßiges Chaos die Überhand nehmen, auf keine Klischees zurückgegriffen wird und sich Schmerz die Bahn bricht. Alena Schröders Roman jongliert mit zu vielem und deshalb fällt vieles zu Boden, zersplittert, entsetzt. Das aber, was am Ende in der Hand bleibt, ist dennoch lesenswert, auf seine bescheidene Art und Weise – die Hoffnung und das Recht der Frauen, nicht auf ihre Mutterrolle vereinseitigt zu werden. Sprachlich neuzeitlicher Standard, glattgeschliffener Stil, inhaltlich eine Tour de Force, aber mit intensiven Passagen, die auf ein weiteres Buch hoffen lassen.

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