Iris Hanika: “Echos Kammern”

Echos Kammern

„Glück ist, wenn man ganz bei sich ist“ … sprachlicher Höhepunkt der Gegenwartsliteratur

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Iris Hanikas Roman handelt von zwei Frauen und zwei Städten, von Sophonisbe und Roxana, und von Berlin und New York. Es geht um Sinn, Enttäuschung, Liebe, Karriere, Beruf und Freunde, vor allem jedoch geht es um den Versuch, seinen Ort in der Welt zu finden, seinen Beobachtungsstandort zu kennzeichnen, ja, eine Sprache zu erwerben, in der die Dinge nicht sofort von jeder Bedeutung entleert sind.

Wie dieser Umriss einer Inhaltsgabe zeigt, eine besondere Geschichte wird nicht erzählt. „Echos Kammern“ ist mehr die Zeit im Bild der Sprache einer Generation, die noch nicht mit Smartphones und dem Internet aufgewachsen ist, eine Generation, die also hilflos unvorbereitet auf die sozialen Medien mit Konsternation und innerer Emigration reagiert, nicht wertend, einfach überrascht, überholt, fragwürdig geworden.

„Einmal in die Welt hinausgerufen, schallt er [der Plan] zurück, verstümmelt zwar, doch die Anmutung seiner Herrlichkeit bleibt, flirrend, schillernd, glitzernd; eine Ahnung davon, wie schön es hätte werden können, nicht nur das, wofür man den Plan gemacht hatte, sondern überhaupt alles – wie schön alles hätte sein können, die ganze Welt, das ganze Leben.“

Meiner Ansicht nach ein sehr lesenswertes Buch für alle. Die verdichtende Erzählhaltung, der Witz, der Schmerz, das Lyrische und Syntagmatische erzeugen eine eigene Einheit, einen modernen Hymnus zwischen Wiederkunft und Vergessen, zwischen Verlorenheit und Selbstbehauptung. Die Protagonistinnen geben Hoffnung. Die Liebe zu Berlin ist ungebrochen, ein Berlin-Roman, der der Utopie und der Geschichte der Stadt gerecht wird, im Sinne von Walter Benjamins „Berliner Kindheit um 1900“ und seinem Begriff vom Flaneur und dem in sich verwobenen Verheißungen des unvollendet gebliebenen Passagenwerks.

Wer dieses Buch mag, mag Clarice Lispectors „Die Sternstunde“ und Ingeborg Bachmanns „Malina“ und auch von Max Frisch „Der Mensch erscheint im Holozän“ oder eben, traditionell, Rainer Maria Rilkes „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, von dem ebenfalls implizit das wundervolle Buch von Hanika handelt. Komparativ ähnelt es zudem sehr Christa Wolf „Stadt der Engel“, nur eben handelt es von Bagels und Starbucks in Manhattan und nicht wie Wolfs Roman von Racoons in Los Angeles.

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