Kim Young-Ha: “Aufzeichnungen eines Serienmörders”

Kim Young-Ha: "Aufzeichnungen eines Serienmörders"

Ein Krimi der inhaltlich besonderen, sprachlich gesehen leider der etwas zu einfachen Sorte.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2022…

Dass Literaturkategorien höchstens zur sehr groben Orientierung dienen, beweist der Roman „Aufzeichnungen eines Serienmörders“ von Kim Young-ha. Dieser rangiert unter Krimis. Wer nun meint, er bekomme den nächsten Simon Beckett oder Sebastian Fitzek geboten, oder einen Brunetti-Roman von Donna Leon, der täuscht sich. Er bekommt etwas geboten, und zwar eine polithistorische Parabel auf Gewalt, Vergessen, Schuld und Sühne in einem heimgesuchten Land, das genug Tote für viele weitere Generationen gesehen hat: Südkorea. Es handelt sich also um einen Fall, der sich nicht so leicht lösen lässt. Der Roman handelt von einem an Alzheimer erkrankten Serienmörder, Byongsu Kim.

»Glauben Sie [Byongsu Kim], dass Sie zu Unrecht beschuldigt werden?« Diese Frage belustigt mich. Der Mann [Kommissar Jutae Park] unterschätzt mich. Das missfällt mir am meisten. Hätte man mich früher gefasst, wäre ich nicht so leicht davongekommen. Unter Chunghee Park hätte man mich sofort gehängt oder auf den elektrischen Stuhl gesetzt.“

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Jenny Erpenbeck: “Kairos”

Jenny Erpenbeck: "Kairos"

Trabantenstädte der Tristesse: Freie, sprachgewandte Literatur auf der Höhe der Zeit.

Ausführlicher, vielleicht begründeter: https://kommunikativeslesen.com/2021…

Jenny Erpenbecks Roman „Kairos“ reiht sich thematisch zunächst nahtlos in die typische Gegenwartsliteratur ein. Es handelt vom geteilten Deutschland, vom Leben in der DDR, von den Versuchen einer Vergangenheitsaufarbeitung, von Politik, Liebe und Sadomasochismus, von alter Mann trifft und liebt junge Frau, Braunhemden, Ostalgie und Walter-Ulbricht-Traumata. Überraschenderweise wendet sich das Blatt nach hundert Seiten jedoch. Waren die ersten Kapitel mühsam, karg, langweilig, geradezu nebensächlich, adjektivlos, flach, so beginnt nach etwa hundert Seiten eine Tour de Force der spracherfrischenden Fremd- und Selbsterforschung.

„Etwas beginnt, etwas geht zu Ende – oder erfüllt sich. Aber dazwischen windet die Zeit sich ins Leben hinein, verflicht sich, verwächst sich, ist nur eines nie: gleichgültig, sondern immer gespannt, eingespannt zwischen einem Anfang, den man nicht wahrnimmt, weil man mit dem Leben beschäftigt ist, und einem Endpunkt, der in der Zukunft, also im Dunkel, liegt.“

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